Diäten & Ernährung Darmgesundheit

Abnehmen über die Darmflora

Wer abnehmen will, sollte seine Darmflora unterstützen

An Übergewicht kann der Darm schuld sein. Eine gesunde Darmflora ist nämlich nicht nur für Verdauung und Immunsystem  wichtig – Sie entscheidet offenbar auch darüber, ob wir dick oder dünn sind! Mehrere Studien deuten nämlich mittlerweile darauf hin, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms auch darüber entscheidet, ob jemand übergewichtig ist oder nicht. Die Darmflora von Übergewichtigen und Normalgewichtigen unterscheidet sich und beeinflusst jeweils in unterschiedlicher Art und Weise die Energieausbeute der zugeführten Nahrungsmittel. Mit anderen Worten: Übergewichtige verwerten die Nahrung besonders gut, nehmen also auch durch den Verzehr kalorienarmer Nahrungsmittel zu. So ist der Anteil der Firmicuten (z.B. Eubakterien), die komplexe Kohlenhydrate und sogar Ballaststoffe sehr effizient zu Zucker und Fettsäuren verarbeiten, bei Übergewichtigen deutlich höher. Dadurch wird dem Körper zusätzlich ‚unnötige‘ Energie zugeführt, die der Körper als Fettdepots abspeichert. 

Demgegenüber sind die Stämme der ‚guten‘ Bacteroides bei Adipösen niedriger als in normal-gewichtigen. Die Bacteroides nutzen die aufgenommene Nahrung insgesamt nicht so intensiv und verdauen komplexe Kohlenhydrate nur in geringerem Maße. Dies konnte bereits in Tierversuchen an Mäusen1 und auch am Menschen nachgewiesen werden.2 Zudem legt eine Kohortenstudie mit adipösen Kindern die Schlussfolgerung nahe, dass höhere Bifidobakterien-Anteile in der Darmflora dazu beitragen, dass Kinder weniger stark zunehmen.3

Probiotika können beim Abnehmen helfen

Die gute Nachricht: Durch die richtige Ernährung und die Einnahme von pro- und prebiotischen Nahrungsergänzungsmitteln können wir das Verhältnis zwischen ‚guten‘ und dickmachenden Bakterien positiv beeinflussen. So konnten im Tierversuch durch die Symbioselenkung – also die therapeutische Einnahme von Pro- und Prebiotika – Glucosespiegel, Körpergewicht und Körperfettanteil von adipösen Mäusen signifikant reduziert werden.4 Diese Ergebnisse wurden durch Humanstudien bestätigt: In einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten, randomisierten Studie, nahmen die Probanden über 24 Wochen jeden Tag entweder zwei Placebo-Kapseln oder zwei Kapseln mit den entsprechenden Milchsäurebakterien. Vor allem bei den Frauen konnte ein signifikanter Unterschied zur Placebogruppe in Bezug auf die Veränderungen im Körpergewicht und bei der Fettmasse festgestellt werden.5 

In einer weiteren Placebo-kontrollierten Studie wurde 70 sechs bis 18jährigen adipösen Kindern und Jugendlichen über acht Wochen ein Synbiotikum verabreicht. Am Ende der Studie war die Abnahme des Body-Maß-Index’ BMI, des Taillenumfangs und des Taille-Hüft-Verhältnisses in der Synbiotikum- Gruppe signifikant höher als in der Placebo-Gruppe.6 Eine aktuelle Studie hat herausgefunden, dass die Einnahme eines Probiotikums dazu führt, dass die Nahrungsaufnahme akut gesenkt wird.7 Es konnte auch gezeigt werden, dass der relative Anteil der Bacteroides bei übergewichtigen Menschen im Vergleich zu schlanken Leuten verringert ist und dass dieser Anteil mit Gewichtsverlust bei zwei Arten von kalorienarmer Ernährung zunimmt2 Eine neue Übersichtsarbeit über die aktuelle Studienlage zum Zusammenhang zwischen Übergewicht und Mikrobiom kommt zu dem Schluss, dass Interventionen, die auf die Darmmikrobiota einschließlich von Prebiotika- und Probiotika-Gabe abzielen, ein großes Potenzial haben, im Zusammenhang mit der Ernährung die Zusammensetzung und die Aktivität der Darmflora im Sinne einer Gewichtsstabilität zu modulieren.8

Ballaststoffe: Wichtig für die ‚guten‘ Darmbakterien 

Wer seine Darmflora hier also im Sinne einer Gewichtsreduktion unterstützen möchte, sollte probiotische Lebensmittel und ausreichend Ballaststoffe in seinen Speiseplan einbauen. Denn Ballaststoffe – vor allem aus Obst und Gemüse – dienen den guten Darmbakterien als Nahrung. Zu diesen Ballaststoffen gehören zum Beispiel Inulin aus der Chicorée, Glucomannan aus der Konjakwurzel und Fasern aus der afrikanischen Akazie. Diese hochwertigen natürlichen Ballaststoffe dienen den Milchsäurebakterien im Darm als ‚Futter‘. Diese können somit besser wachsen und stabilisieren dadurch die gesunde Darmflora. Besonders die afrikanische Akazienfaser, die in Deutschland noch relativ unbekannt ist, führt zu einer deutlichen Erhöhung der ‚guten‘ Milchsäure- und Bifidusbakterien und zu einer signifikanten Verringerung des BMI sowie einer deutlichen Reduzierung von Körperfett. Zudem wird Akazienfaser im hinteren Teil des Dickdarms fermentiert und ist daher sehr gut verträglich.9, 10

Worauf es bei Bakterienpräparaten ankommt 

Auch mit Präparaten, die qualitativ hochwertige Milchsäurebakterien enthalten, kann die Darmflora positiv unterstützt werden – gerade bei Übergewichtigen, die wenig fermentierte Lebensmittel wie frischen Sauerkraut oder Joghurt, Kefir oder Tofu essen. Doch woran erkennt man gute Präparate? Ein wichtiges Qualitätskriterium ist das ‚Multi-Species-Konzept‘. Man könnte es auch kurz mit dem Slogan ‚Viele Bakterienstämme für viele Anforderungen‘ beschreiben. Während einfache Produkte nur einen Mikroorganismenstamm einer bestimmten Art bzw. Gattung enthalten, kombinieren  gut konzipierte Multi-Spezies-Präparate unterschiedliche Merkmale verschiedener Stämme miteinander, die auch in unterschiedlichen Darmabschnitten aktiv sind.  Aufgrund ihrer synergistischen Kombination erzielen sie deutlich bessere Ergebnisse als Monopräparate. Wichtig ist daher eine sorgfältige Auswahl sicherer, genetisch charakterisierter Stämme, und dass nicht womöglich Stämme kombiniert werden, die sich gegenseitig hemmen.  Wichtig sind auch eine hohe Dosierung und ein Schutz gegen Magen- und Gallensäure, damit sie auch wirklich unversehrt im Darm ankommen und die dickmachenden Bakterien verdrängen können.

Quellen

1 Turnbaugh, P.J. et al.: An obesity-associated gut microbiome with increased capacity for energy harvest. Nature. 2006 Dec 21;444(7122):1027-31.

2 Ley, RE. et al: Microbial ecology: human gut microbes associated with obesity. Nature. 2006 Dec 21;444(7122):1022-3.

3 Kalliomäki, M. et al: Early differences in fecal microbiota composition in children may predict overweight. Am J Clin Nutr. 2008 Mar;87(3):534-8.

4 Lee, et al.: Antiobesity effect of trans-10,cis-12-conjugated linoleic acid-producing Lactobacillus plantarum PL62 on diet-induced obese mice. J Appl Microbiol 2007; 103: 1140-1146

5 Sánchez, M. et al: Effect of Lactobacillus rhamnosus CGMCC1.3724 supplementation on weight loss and maintenance in obese men and women. Br J Nutr. 2014 Apr 28;111(8):1507-19. doi: 10.1017/S0007114513003875. Epub 2013 Dec 3.

6 Safavi, M. et al.: The effects of symbiotic supplementation on some cardio-metabolic risk factors in overweight and obese children: a randomized triple-masked controlled trial. Int J Food Sci Nutr. 2013 Sep;64(6):687-93. doi: 10.3109/09637486.2013.775224. Epub 2013 Mar 12.

7 Bjerg, A.T. et al.: Lactobacillus paracasei subsp paracasei L. casei W8 suppresses energy intake acutely. Appetite. 2014 Nov;82:111-8. doi: 10.1016/j. appet.2014.07.016. Epub 2014 Jul 15.

8 Aguirre, M et Venema, K.: Does the Gut Microbiota Contribute to Obesity? Going beyond the Gut Feeling. Microorganisms 2015, 3, 213-235; doi:10.3390/microorganisms3020213

9 Cherbut, C. et al.: Acacia Gum is a bifidogenic dietary fiber with high digestive tolerance in healthy humans. Microbial Ecology in Health and Disease 2003; 15:43-59

10 Babiker, R. et al.: Effects of gum Arabic ingestion on body mass index and body fat percentage in healthy adult females: two-arm randomized, placebo controlled, double-blind trial. Nutrition Journal 2012, 11:111

Dieser Beitrag stammt von:

Dr. Mathias Oldhaver

Der Mikronährstoffexperte Dr. Mathias Oldhaver studierte ‚Clinical Nutrition‘ an der renommierten ‚International Academy of Nutrition‘ (Australien). Heute ist er als ist Heilpraktiker und Medizinjournalist tätig. Als Autor zahlreicher Fachartikel und Bücher sowie durch TV-Auftritte hat er sich bei einem gesundheitsorientierten Publikum bekannt gemacht.

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