Die Ingwerwurzel wird schon seit vielen Jahrhunderten als Heilpflanze angewendet. Durch die enthaltenen Stoffe (Scharfstoffe, ätherische Öle) wirkt es nicht nur antioxidativ oder entzündungshemmend, sondern hat auch antiemetische Eigenschaften, mindert also den Brechreiz. Diesen Effekt nutzt man insbesondere gegen Reiseübelkeit aber auch in der Therapie von Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatienten während oder nach einer Chemotherapie. Wem Ingwer nicht schmeckt oder zu stark ist, kann auf Ingwerextrakte in Kapselform zurückgreifen. Sie haben keine Nebenwirkungen und sind daher besonders gut verträglich.
Ursprung und Einsatz von Ingwer (Zingiber officinale)
Die Ingwerwurzel gehört zu der Familie der Ingwergewächse (Zingiberaceae) und wird als Küchengewürz und Arzneidroge verwendet. Die Ingwerpflanze wird bis zu 1,5 Meter groß und bildet in der Erde eine gelbliche Wurzel (Rhizom), die nach ca. 250 Tagen geerntet werden kann. Sie wächst überwiegend in den Tropen und Subtropen. Größter Produzent ist Indien sowie Nigeria. Größter Exporteur ist China. Besonders im ostasiatischen Raum kommt Ingwer schon seit Jahrtausenden zum Einsatz. Durch die zahlreichen Kolonien der Engländer in diesem Teil der Erde, war das Gewürz auf der britischen Insel schon wesentlich früher bekannt als im Rest Europas (Ginger Ale).
Der Ingwer verdankt den aromatisch, würzigen Geschmack und Geruch den zahlreich enthaltenen ätherischen Ölen, wie Zingiberol und Zingiberen. Die Schärfe wird durch die Stoffe Gingerol und Shogaol hervorgerufen. Des Weiteren enthält die Ingwerwurzel Harzsäuren, Vitamin C und Mineralstoffe, wie Magnesium, Eisen und Calcium. Den Inhaltsstoffe Borneol und Cineol wurde eine verdauungsfördernde und magenstärkende Wirkung nachgewiesen.
Pharmazeutischer Wirkmechanismus von Ingwer
Ingwer wird schon seit Jahrhunderten in der traditionellen chinesischen Medizin als Heilpflanze eingesetzt. Zubereitungen aus der Wurzel, ob als Pulver oder flüssige Extrakte, werden verschiedene Wirkungen zugesprochen. Sie wirken antioxidativ, antiemetisch (gegen Übelkeit und Erbrechen) und entzündungshemmend. Zudem hat Ingwer anregende Effekte auf die Bildung von Magensaft, Speichel und Galle.
Der Klassiker ist der Einsatz von Ingwer bei Reiseübelkeit, zum Beispiel bei langen Fahrten mit dem Bus oder Auto. Zahlreiche neuere Studien befassen sich insbesondere mit dem möglichen Einsatz von Ingwer bei der Behandlung von Übelkeit und Erbrechen bei Krebspatienten während oder nach einer Chemotherapie. Inhaltsstoffe des Ingwers können dabei bestimmte Botenstoffe des Brechzentrums im Gehirn hemmen.1,2
Auf Grund der anhaltenden Übelkeit während einer Chemotherapie essen Krebspatienten häufig weniger, was den ohnehin geschwächten Organismus zusätzlich belastet. Die bei der Strahlentherapie eingesetzten Medikamente lassen nicht nur die sich schnell teilenden Krebszellen absterben, sondern beispielsweise auch Darmzellen. Dadurch wird der Botenstoff Serotonin (5-Hydroxytryptamin = 5-HT) frei, der im Gehirn Nervenzellen des Brechzentrums aktiviert. Ähnlich der während einer Chemotherapie eingesetzten Medikamente (Anti-Emetika) sind die Inhaltsstoffe der Ingwerwurzel dazu in der Lage, diese Nervenzellrezeptoren für das Serotonin zu blockieren. Dadurch kann das Serotonin nicht mehr binden und das Brechzentrum wird nicht aktiviert. Auf diese Weise wird einer Übelkeit oder Erbrechen vorgebeugt (5-HT-Antagonisten). Dies geschieht jedoch ohne Nebenwirkungen.
Zurückzuführen sind diese Effekte hauptsächlich auf die Wirksamkeit der in der Ingwerwurzel enthaltenen Stoffe Gingerol und Shogaol. Ein Einsatz von Ingwerextrakt in Kapselform kann folglich zu einer Verbesserung der Symptomatik bei Krebspatienten während und nach einer Chemotherapie führen, sowie eine medikamentöse Therapie mit Antiemetika unterstützen.3-6
Ingwer gegen Übelkeit bei Krebspatienten
Die in Chemo-Medikamente enthaltenen Zellgifte greifen vor allem Zellen an, die sich häufig teilen und damit in erster Linie Krebszellen. Da sich aber auch Darmzellen ständig erneuern, sind auch sie anfällig für diese Zellgifte. Die auf diese Weise geschädigten Darmzellen setzen den Botenstoff Serotonin frei, der an einen Rezeptor auf der Oberfläche von Nervenzellen andockt und so das Brechzentrum im Gehirn aktiviert. Die Folge sind Übelkeit und Erbrechen.
Diese Übelkeit ist nicht nur eine unangenehme Begleiterscheinung der Chemotherapie, sie kann für den Krebspatienten auch gefährlich werden. Die durch Übelkeit bedingte Malappetenz schwächt die ohnehin schon durch die Krebserkrankung beeinträchtigten Patienten noch zusätzlich und kann zu einer lebensbedrohlichen Kachexie ausarten. Auch wenn der Tumor auf die Chemotherapie ansprechen sollte, kann in schweren Fällen der Abbruch der Therapie indiziert sein.
Quellen
1 Wolfgang M Marx, Laisa Teleni, Alexandra L McCarthy, Luis Vitetta, Dan McKavanagh, Damien Thomson, Elisabeth Isenring (2013) Ginger (Zingiber officinale) and chemotherapy-induced nausea and vomiting: a systematic literature review. Nutrition Reviews. 71(4):245-254
2 Princy Louis Palatty, Raghavendra Haniadka, Bhavishya Valder, Rajesh Arora, and Manjeshwar Shrinath Baliga (2013) Ginger in the Prevention of Nausea and Vomiting: A Review. Critical Reviews in Food Science and Nutrition. 53(7):659-669
3 Raghavendra Haniadka, Antappa Govindaraju Rajeev, Princy L. Palatty, Rajesh Arora, and Manjeshwar S. Baliga (2012) Zingiber officinale (Ginger) as an Anti-Emetic in Cancer Chemotherapy: A Review. The Journal of Alternative and Complementary Medicine. 18(5): 440-444
4 Julie L. Ryan, Charles E. Heckler, Joseph A. Roscoe, Shaker R. Dakhil, Jeffrey Kirshner, Patrick J. Flynn, Jane T. Hickok, Gary R. Morrow (2012) Ginger (Zingiber officinale) reduces acute chemotherapy-induced nausea: a URCC CCOP study of 576 patients. Supportive Care in Cancer. 20(7): 1479-1489
5 Suzanna M. Zick, Mack T. Ruffin, Julia Lee, Daniel P. Normolle, Rivka Siden, Sara Alrawi, Dean E. Brenner (2009) Phase II trial of encapsulated ginger as a treatment for chemotherapy-induced nausea and vomiting. Supportive Care in Cancer. 17(5): 563-572
6 Walstab J. et al.: Ginger and its pungent constituents non-competitively inhibit activation of human recombinant and native 5-HT3 receptors of enteric neurons. Neurogastroenterol Motil. 2013 May;25(5):439-47, e302. doi: 10.1111/nmo.12107. Epub 2013 Mar 12.
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